Neuer Leim - neue Erkenntnisse

Nachdem die ersten Versuche vielversprechend waren, haben wir in der vorletzten Woche einige neue Techniken und auch eine weitere Möglichkeit der Leimherstellung ausprobiert. Der von uns neu getestete Leim aus Leinsamen wurde in der Literatur als besonders geeignet beschrieben, da er nach der Aushärtung flexibler sei als der sehr steife Hasenleim. Bei der Suche nach einem Rezept stießen wir online in zwei unterschiedlichen Quellen auf folgende Bestandteile: auf 1 Tasse Wasser je 2 Teelöffel Leinsamen, dazu ein wenig Essig gegen Schimmelbildung. Den weiterhin genannten Spritzer Shampoo haben wir aus Gründen der Authentizität weggelassen. Den online-Rezepten zufolge soll man den Leinsamen kochen, bis das Wasser eine eiweißähnliche Konsistenz erhält und dann das Gemisch durch ein Sieb schütten. Wir haben einen kleinen 1-Liter-Topf und einen weiteren 2-Liter-Topf verwendet und festgestellt, dass der Kochprozess außerordentlich lange dauert. Wir warteten jeweils, bis die Hälfte des Wassers verkocht war, um das Gemisch per Sieb zu trennen. Dabei war ein Großteil des noch übrigen Wassers noch sehr "wässrig" und nur ein Teil der Flüssigkeit hatte eine gallertartige, eiweißähnliche Konsistenz. Zudem wurde unsere Leinsamensuppe im Laufe des Kochprozesses dunkel - diesen Indikator hatten wir zuvor nirgends gelesen. Der Leinsamenleim bot bei der Verwendung mindestens zwei Vorteile: erstens riecht er deutlich angenehmer als Hasenleim und zweitens kann er auch kalt verarbeitet und muss nicht auf 65°C gehalten werden. 

Nach den Erkenntnissen des ersten Verleimens entschieden wir uns, zwei neue Trocknungstechniken auszuprobieren. Kevin Grotherr hatte aus einem Bilderrahmen und Angelsehne eine Art großmaschiges Netz gefertig, auf dem die neu verleimten Teststücke besser trocknen konnten und dabei von oben und unten von Luft umströmt wurden. Als weitere Alternative haben ein Teststück mittels Fäden an einem Kleiderbügel aufgehängt, um es auf diese Weise trocknen zu lassen.

 

Die Ergebnisse unserer Versuche waren nach drei Tagen, während der wir unserer neuen Teststücke in Ruhe trocknen ließen, recht vielversprechend, aber nicht durchweg positiv. Die neuen Techniken des Trocknens funktionierten deutlich besser als das vorherige Ablegen auf Plastikfolie mit anschließendem Belasten. Keines der Stücke gab einen unangenehmen Geruch von sich und selbst die 15 Lagen dicken Stücke waren oberflächlich getrocknet. Später bildete sich auf einer Seite von einer der 15mm starken Platten, die auf einer Unterlage lag, dennoch ein wenig Schimmel. Das Trocknen im aufgehängten Zustand funktionierte genauso gut und scheint noch einen weiteren Vorteil zu haben. Da die Schwerkraft auf beiden Seiten des Teststückes in gleicher Weise wirkte, blieb es beim Trocknen gerade und es bogen sich nicht, wie beim liegenden Trockenen teilweise der Fall, die Ecken nach oben. Allerdings ist zweifelhaft, ob das hängende Trocknen auch für den weniger stark klebenden Leinsamenleim geeignet ist, da das Liegen immerhin einen minimalen Druck auf die Lagen ausübt, die auf diese Weise zusammengehalten werden.

Der von uns gekochte Leinsamenleim war leider viel zu schwach und hielt die Lagen der Teststücke nur minimal zusammen. Sie ließen sich ohne Mühe wieder auseinander ziehen. Eine solche Panzerung würde sich nach kürzester Zeit wieder in ihre Bestandteile auflösen. Beim nächsten Mal werden wir den Leim länger einkochen und sehen, ob die höhere Konzentration die Klebekraft positiv beeinflusst.

Ein anderes Teststück ist uns bedauerlicherweise auch nicht gelungen. Beim letzten Versuch haben wir festgestellt haben, dass Hasenleim sehr hart verleimt, aber die Panzerplatte dennoch flexibel ist - wenngleich zum Verbiegen großer Druck notwendig ist. Daher wollten wir ein separates Schulterstück anfertigen, um zu sehen, ob es sich mit entsprechendem Kraftaufwand über die Schulter biegen lässt. Leider war der Leim beim Verleimen der Lagen nicht mehr warm genug und zudem musste während des Prozesses neuer Leim angerührt werden, wodurch die Oberfläche einer Lage zu starkt trocknete. Die Lagen des Schulterstückes sind daher nicht ausreichend miteinander verbunden worden. 

Ein letztes Ergebnisses unserer zweiten Versuchsreihe ist, dass zumindest Hasenleim Leinen jedweder Dicke gut miteinander verbindet. Nachdem die ersten Tests mit einem mäßig dicken Stoff durchgeführt worden waren, haben wir dieses Mal sowohl relativ dünnen Stoff verwendet, der bei 15 Lagen nur etwa 5mm Stärke ergab, als auch sehr dicken Stoff, der bei 10 Lagen eine Stärke von fast 16mm erreichte. Das letztere Teststück kommt einer Panzerplatte am nächsten, doch ist aufgrund der Dicke und Unbeweglichkeit als Material für einen Körperpanzer vermutlich ungeeignet.

M.Z.