Der erste Versuch

Nachdem wir uns in den ersten Sitzungen mit den literarischen Quellen und den Abbildungen beschäftigt haben, ging es nun das erste Mal ans Eingemachte. Für die ersten Versuche haben wir grobes Leinen in Naturfarbe und Hasenleim gekauft. Beide Rohstoffe waren bereits in antiker Zeit bekannt. Das Leinen reichte für die Herstellung von zwei Proben aus.

Hasenleim ist ein hundertprozentig natürlicher Leim, der aus tierischen Abfällen hergestellt wird. Der Leim muss nach vorherigem Einweichen auf eine Temperatur von etwa 70°C erhitzt werden. Wir haben dafür ein Kochplatte und ein Wasserbad verwendet, um ein schonendes Erhitzen zu ermöglichen. Auch wenn es sich um einen tierischen Leim handelt, war der Geruch weit weniger unangenehm als befürchtet. Die erforderliche Temperatur von 65 bis 75°C erforderte eine ständige Kontrolle.

Beim ersten Teststreifen haben wir den Leim mit einem metallfreien Spezialpinsel auf den Leinenstoff aufgetragen und die Lagen jeweils aufeinander gelegt. Der Prozess dauerte aufgrund der Konsistenz des Leims zu lange und der Leim musste zwischendurch wieder erhitzt werden. Nach einigen Lagen haben wir anstatt erst die gesamte Fläche mit Leim zu versehen, schon nach einigen Zentimetern die nächste Lage aufgepresst und dann jeweils über den nächsten Teil ausgerollt, nachdem auch dieser mit Leim eingestrichen war. Der erste Teststreifen war acht Lagen stark. 

Beim zweiten Teststreifen haben wir auf das umständliche Pinseln verzichtet und den Leinenstoff direkt in den Leim eingetaucht. Hierfür war ein größerer Topf und eine stärkere Verdünnung des Leims nötig. Der Klebekraft des Leims hat die Verdünnung durch einen höheren Wasseranteil nicht geschadet, wie wir später bemerkten, als unsere Finger begannen, zusammenzukleben. Das Eintauchen mit anschließendem Auswringen der Streifen funktionierte besser und war deutlich schneller als das Aufpinseln. Allerdings erforderte diese Art des Verleimens nicht nur wegen des Geruchs und der Konsistenz ein wenig Überwindung, sondern auch wegen des 70°C heißen Leimes. Doch nach einigen Versuchen hatten wir eine Routine entwickelt, bei der es nur für sehr kurze Zeit erforderlich war, in das heiße Leimbad zu greifen. Am Ende hatten alle Hände die Tortur unbeschadet überstanden. 

Das eingetauchte und ausgewrungene Leinen wurde per Hand auf die vorherige Lage gelegt und angepresst. Dabei achteten wir darauf, dass möglichst wenig Luft zwischen den Lagen verblieb, was anhand der Farbe des Leinens gut zu erkennen war. Für den zweiten Teststreifen haben wir zwölf Lagen Leinen aufeinander geleimt. Die Verbindung der Lagen erschien uns zumindest beim Verleimen fester zu sein, als beim ersten Teststreifen, bei welchem der Leim aufgepinselt wurde. Beide Teststreifen müssen nun für einige Zeit trocknen.

M.Z.